Bei der Besprechung des BRAWA-Modells (Kat. Nr.46414) des DSG Speisewagens WR4üe #1232 (ex Rheingold 1928 SA4ük) hatte ich auf unnötige Anschriftenfehler dieses ambitionierten Modells hingewiesen. Auch das daraus mit allen notwendigen Änderungen abgeleitete Epoche IV Modell wurde auffällig falsch beschriftet.

BRAWA 46425
BRAWA 46425

Ich hatte die Hoffnung, dass beim Anfang 2021 angekündigten Modell in der Ausführung 1966 vermeidbaren Fehler auch vermieden wurden. Doch nun liegt mir das Modell vor und enthält neue, unerklärliche und unnötige Anschriftenfehler (und Montagefehler). Bei einem Verkaufspreis um 90 € und einer erkennbar gezielt recherchierten Variante meine ich, dass das nicht mehr kommentarlos hingenommen werden kann.

BRAWA DSG WR 1232/10232
BRAWA DSG WR 1232 (#46414)/10232 (#46425)


Kurz zum Modellhintergrund: Am 1.1.1966 übernahm die DEUTSCHE BUNDESBAHN zur bilanziellen Entlastung der DEUTSCHEN SCHLAFWAGEN- UND SPEISEWAGEN-GESELLSCHAFT (DSG) die bisher von der DSG als [P]-Wagen betriebenen Speisewagen in ihren Bestand. Um sie in den Betriebsnummernkontext einzusortieren, wurde die bisher 4-stelligen Wagennummer der DSG durch eine zwischen der ersten und zweiten Stelle eingefügte "0" verändert. Dafür mussten die bisherigen Salon- und Gesellschaftswagen, die in "101nn" und "10 2nn" einsortiert waren, auf "107nn und 108nn" umgezeichnet werden. Aus dem hier betrachteten WR 1232 DSG [P] wurde so der WR 10 232 DB. Diese Umzeichnung erfölgte umgehend im Januar 1966 bei allen übernommenen DSG-Speisewagen und galt ab sofort auch für alle Auslieferungen von Neubauten (WR4ümh-64, AR4ümh-65, WRtüm-64) bis zur endgültigen Festlegung der UIC-"Computeranschrift". Neulieferungen wurden nun generell mit dem "DB-Keks" und nicht mehr mit dem "DSG"-Zeichen bestellt, in Ablieferung stehende Wagen und Bestandswagen wurden nicht weiter geändert. Erst bei Vollrevisionen wurde auch diese Anschrift geändert. So finden sich im Zeitraum 1966-1970 viele Varianten der Gestaltung des Erscheinungsbildes bei Speisewagen.

BRAWA ist der erste Hersteller, der diese kurzlebige Änderung an den Modellen wiedergibt. Es werden alle ex-RHEINGOLD 1928-Wagen, die 1966 noch eingesetzt waren, in den Anschriften für 1966 angeboten, denn auch die DB hatte im Jahr 1966 eine generelle Änderung umzusetzen, die aber nicht für die Speisewagen galt.

BRAWA 46425
BRAWA 46425

Änderungen gegenüber #46414 sind:

  • Anbau von Gummiwulstübergängen
  • Lackierung in Bordeauxrot RAL3004
  • Moderner Lüfter auf dem WC
  • Streifen und Anschriften in Elfenbein RAL1014
  • Anschrift der neuen, 5-stelligen Wagennummer in DIN1451 Engschrift - hier wählte BRAWA irrtümlich die von der MITROPA/DSG verwendete SCHULPIG-Schrifttype. Das sieht man aber nur mit der Lupe. Richtig ist, dass die Wagennummer nur noch am linken Einstieg angebracht wurde.
  • Anschrift der Wagenbauart mit Gummiwulst. Richtig wäre gewesen "WR4üge". Statt dessen hat man "WR4ü[e]" angeschrieben.
  • Korrigiert hat man die beim 1232 bemängelte falsche Platzanzahl - nun steht "30 Pl" angeschrieben. Auch die Änderung von "S" auf "R", die für RIC-Wagen erforderlich wurde, ist umgesetzt worden. Den dafür zwingenden mechanischen Gleischutz am richtigen Görlitz IIIs-Drehgestell findet man hingegen nicht.
  • Beide Drehgestelle sollten Generatoren der Bauart DP-1 aufweisen. Leider wurde nur ein Generator montiert.

Was mir noch auffiel:

  • Ein Formschaden am Kohlenkasten
  • Nicht entgratete Dachkanten an den Kopfenden
  • Das Dach sitzt schlecht und nicht passgenau auf dem Wagenkasten
  • Die Küchenfesnter sind nicht nur weiterhin fehlerhaft, sie sind auch nicht satiniert
  • Die Griffstangen auf der Gangseite sind weiterhin verbogen montiert.
  • Die Lackierung ist in der Oberfläche sehr rauh - ja, eine 61MPx-Vollformat-Kamera zeigt das brutal! Das Auge ist da viel gnädiger.
  • Die Übergänge fallen in der Detaillierung deutlich gegenüber den anderen Wagendetails zurück. So gibt es weder die Schutzbügel (liegen zur Selbstmontage bei, lassen sich aber nicht montieren, da die Befestigungslöcher vergessen wurden!) noch die angedeuteten Haken für Faltenbalg-Kupplungen, obwohl diese 1966 noch klar notwendig waren. Die Übergangstür ist regelrecht matschig geform und lackiert, sie hält einem Vergleich mit zeitgemäßen Produktionen wie dem DSG-Einbettschlafwagen von Railtop nicht stand.
  • Das ewige Leid bei BRAWA: Die Achsen sitzen nicht präzise in den Achshaltern, das Rad schleift an Bauteilen und dadurch sitzt ein Drehgestell schief.
BRAWA 46426
BRAWA 46426
RailTop DSG WLAs-20
RailTop DSG WLAs-20

Die Dachfarbe dieser BRAWA-Serie wurde schon in DSO diskutiert. Hier auch meine Sicht dazu:
Die Um-Beschriftung der DSG-Speisewagen aufgrund der Übernahme durch die DB erfolgte durch eine Änderung der Wagennnumer und Löschung des "[P]" sowie Anschrift ggf. abweichender Stationierungsdaten. Es erfolgte keine Neulackierung. Nun hatte der 1232 tatsächlich im Frühjahr 1966 eine Revision. Ich habe keine Unterlagen über den Umfand der Revision. Bei einer Neulackierung/Dachlackierung wäre das Dach nunmehr dunkelgrau zu lackieren - eine Farbe, die je nach Nässegrad sehr unterschiedliche Erscheinungen annehmen kann. BRAWA hat das Dach in weissaluminium belassen. Da diese Wagen nur noch als Einsatzreserve und im Sonderverkehr liefen, mag dies so gewesen sein.

Die Sitzwagen erhielten ihre geänderten Anschriften nur bei Neulackierung in 1966. Hierbei müsste von einem grauen Dach als Ergebnis ausgegangen werden - doch: der A4üe 11 356 Han ist auf einem Foto genauso dokumentiert, wie BRAWA ihn ausgeliefert hat. Keine Regel ohne Ausnahme eben.

 

Da es mit BRAWA keine sachliche Kommunikationsmöglichkeit gibt, ich aber davon ausgehen muss, dass man hier gelegentlich mitliest, hoffe ich, dass das kommende Modell des DSG 1230 (Kat. Nr. 46461) nun perfekt wird:

BRAWA DSG WR 1230 [P] (Bildlink: BRAWA)
BRAWA DSG WR 1230 [P] (Bildlink: BRAWA)

 

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Text und alle Fotos, soweit nicht abweichend erläutert  © Will Berghoff 2022